Lange haben wir um Spielerinnen und Spieler geworben, doch nun mangelt es immer mehr an Trainerinnen, Trainern oder Betreuerinnen und Betreuern.
Es gibt Jahrgänge, die sind einfach stark besetzt, das ist nicht neu. Doch da liegen für viele Vereine die Probleme. 35 Kinder werden von einem Trainer betreut. Nicht nur fahrlässig, sondern auch extrem stressig, für beide Seiten. Kinder verlieren den Spaß und entwickeln sich nur extrem eingeschränkt weiter und die Trainer geraten einfach an ihre Grenzen.
Doch woran liegt das? Wir haben Jens Wolf befragt, selber Trainer seit fast 25 Jahren und Vorsitzender in einem unserer Stammvereine.
"Ich habe als 22 jähriger aktiver Spieler angefangen Kinder zu trainieren. Anfangs recht blauäugig und unerfahren. Doch ich hatte Spaß daran, obwohl ich keines der Kids vorher kannte. Heute nach über 20 Jahren nennen sie mich immer noch Coach, das macht einen Stolz. Mit mitte 20 war ich erstmals in einem Vorstand tätig und ein paar Jahre später das erste mal Vereinsvorsitzender. Nicht weil ich so toll oder gut war. Es wollte mal wieder niemand machen.
Zeitweise habe ich drei Mannschaften zeitgleich trainiert, auch hier aus dem selben Grund. Es fand sich einfach kein anderer. Das half mir oft meine tatsächliche Qualität zu verbergen (lacht)."
"Man glaubt ja, oder viele sagen, das es immer schlimmer wird mit der Einsatzbereitschaft. Aber der Schein trügt, es war schon immer so. Oft bin ich mit überladenem Auto zu Spielen gefahren. Es gab Tage, da habe ich zwei Fahrten gemacht um alle zum Spiel zu bekommen. Es waren immer die selben Eltern die dabei waren. Konnten die mal nicht, hattest du ein Problem. Mannschaftsfahrten gingen nur durch Hilfe von Freunden, die sich bereit erklärt haben ein Wochenende zu opfern und mich zu unterstützen!"
"Ich merke immer mehr wie "wichtig" sich die Eltern nehmen und wie oft sie sich einmischen. Heute sind Trainer mehr damit beschäftigt Eltern zu erklären, dass der kleine Finn-Luca oder Jeremie-Pascal (Namen sind spaßig gemeint) kein Messi oder Ronaldo ist. Das ist auch gar nicht schlimm! Wir können nicht nur Superstars in unseren Reihen erwarten. Den Kindern selber soll es Spaß machen. Und das schöne ist, es macht ihnen Spaß. Egal ob Papa meint er ist zu Höherem berufen oder Mama meint, er wird zu hart ran genommen. Lassen wir die Kinder allein entscheiden, wäre vieles einfacher. Wenn einige Eltern so viel Energie in die Unterstützung der Trainer und Betreuer stecken würden, müssten wir uns nicht so viele Sorgen machen. Viele Trainer haben keine Lust mehr sich damit auseinander zu setzen und geben das als Grund an, ihren Job an den Nagel zu hängen.
Ein tolles Beispiel war, eine Elternversammlung. Wir haben lange und teilweise auf einem schlimmen Niveau diskutiert. Als wir aus dem Fenster gesehen haben, spielten 20 Kinder selbständig Fußball. Ohne Trainer, ohne Erwachsenen. Sie haben sich selbst organisiert und hatten Spaß. Das gibt einen doch zu denken und zeigt wo das Problem eigentlich liegt!
Es geht auch nicht, das Funktionäre in einer JSG persönlich beleidigt werden und teilweise zu Zeiten angerufen werden, die weit nach der Tagesschau sind. Hier muss eine gewisse Distanz her und jeder sollte sich hinterfragen, ob man selber auch so bahandelt werden möchte."
Wie kann man den Mangel an Trainern oder Betreuern kompensieren?
"Wenn ich dafür ein Rezept hätte, wäre das mein "Startup Konzept". Wir sind im untersten Segment des Fußballs. Hier darf ein Jugendtrainer kein Geld bekommen um ihm den Job attraktiv zu machen. Die Vereine subventionieren den Jufgendfußball bereits zu 50% und das,ohne das Trainergehälter oder ähnliches gezahlt werden. Auf dem Dorf zahlt man für ein Kind ca. 2 € pro Monat Vereinsbeitrag. Wir als Jugendspielgemeinschaft benötigen 4,50 € pro Kind, um den Spielbetrieb samt der Nebenkosten aufrecht zu erhalten. Wenn jeder Trainer ein Grundgehalt bekäme, und wir gehen von dem absoluten Minimum aus, müsste man pro Kind zwischen 9,- und 12 € pro Monat rechnen. das wäre das 6-fache des Vereinsbeitrags. Das ist unmöglich!"
Vorstandsarbeit, wie denkst du darüber?
"Wenn man sich umsieht, egal bei welchem Verein, Handball, Schwimmen, Fußball, Turnen, Reitverein, es geht allen gleich. Viele Posten sind vakant und können nicht besetzt werden. Ich bin der Meinung das ein Verein viele Posten braucht. Alle müssen nur einen kleinen Bereich bewirtschaften. Einen der sich nur um Versicherungen kümmert, einen der nur Sponsoren aquiriert, einen der mal eine Glühlampe im Sporthaus wechselt. Niemand darf sich überfordert fühlen oder Angst davor haben sein Job würde Ihn seiner Freizeit berauben. Es wird immer wieder welche geben, die sich gern und voll und ganz rein knien. Zeigt denen Eure Dankbarkeit genauso, wie dem der die Lampe wechselt. Mit dem selben Prinzip haben wir den FC Weser vor einigen Jahren wieder ins Fahrtwasser gebracht und auch so habe ich vor zig Jahren meine erste Vorsitzposition erfolgreich angegangen. Das war sicher auch Glück, die richtigen Menschen dafür zu finden. Und man muss mit gutem Beispiel voran gehen, dann folgen Dir die Leute gern."
"Das hört sich romantisch an, aber es geht nur so. Wir brauchen Fußballromantiker. Frauen oder Männer die es nicht wegen dem Geld machen. Leute die wollen, das es weiter geht. Egal ob in der Jugend oder im Erwachsenen Bereich. Das Geld darf keine Rolle bei Entscheidungen spielen. Aufwandsentschädigungen, wie Spritgeld oder so, sind bedingt ok. Aber auch nur bedingt. Wenn alle ein wenig mehr die eigenen Bedürfnisse hinten an stellen, dann geht es auch ohne Gehälter. Auch ein Trainer kann zum Training mal mitgenommen werden. Auch ein Betreuer muss nicht selber zum Spiel fahren. Wenn man eine Summe X die man braucht um alles abzudecken auf alle verteilt, ist es gar nicht so schlimm. Teilt man die Unkosten nur auf den Trainer und zwei drei Eltern auf, ist es doch kein Wunder wenn die keine Lust mehr haben und die Stimmen nach Gehältern lauter werden. Ich habe in meinen über 20 Jahren nie ein Trainergehalt gewollt. Ein paar Euro Spritgeld haben mir gereicht auch wenn die lange nicht alles abgedeckt haben."
"Jeder sollte sich mal daran zurück erinnern, was ihn dazu bewogen hat Fußball zu spielen. Bei mir waren es meine Klassenkammeraden, mit denen ich nach der Schule Zeit verbringen wollte. Ich kann mich auch noch an meinen ersten Trainer erinnern und auch daran, das wir zu Auswärtsspielen alle gemeinsam mit dem Fahrrad gefahren sind. Hinfahrt, gespielt, Rückfahrt. Danach ging es früh ins Bett.
Meine Eltern hat es auch nicht interessiert wie ich zum Training oder zu den Spielen gekommen bin. Ich wüsste nicht, ob meine Eltern jemals ein Spiel von mir gesehen haben. Deshalb machen wir es anders. Sowohl als Eltern, aber auch als Trainer oder Vereinsvorsitzender. Ich denke die Leute in meinem Umfeld merken das und ich hoffe es färbt immer mal ein wenig ab. Für uns als Eltern, meine Frau vornweg, ist es wichtig unseren Jungen bei allem zu unterstützen und Zeit dafür zu investieren. Dafür sind wir Eltern geworden."
Danke das Du uns deine Sicht dazu geschildert hast!